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Heißer Blitzer! Geschwindigkeitsmessungen dienen nicht (nur) der Sicherheit im Verkehr

Die Wiesbadener Firma Vitronic ist bei Autofahrern insbesondere wegen des umstrittenen Messsystems PoliScan bekannt, das immer wieder Gegenstand von Gerichtsverfahren ist. Dabei geht es nicht nur um die korrekte Durchführung der Messung, sondern auch um die Frage, ob die Anforderungen für ein sogenanntes standardisiertes Verfahren erfüllt sind. Dies ist auch nicht verwunderlich, da der Hersteller sich stets weigert, genauere Informationen zur Ermittlung des Messergebnisses herauszugeben.
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09.05.2017
ca. 3 Minuten
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Die Wiesbadener Firma Vitronic ist bei Autofahrern insbesondere wegen des umstrittenen Messsystems PoliScan bekannt, das immer wieder Gegenstand von Gerichtsverfahren ist. Dabei geht es nicht nur um die korrekte Durchführung der Messung, sondern auch um die Frage, ob die Anforderungen für ein sogenanntes standardisiertes Verfahren erfüllt sind. Dies ist auch nicht verwunderlich, da der Hersteller sich stets weigert, genauere Informationen zur Ermittlung des Messergebnisses herauszugeben. Meldungen wie dass die Geräte möglicherweise auch Daten außerhalb der Bauartzulassung speichern (vgl. Amtsgericht (AG) Friedberg (Hessen) vom 22.11.2016, Az. 45 a OWi – 103 Js 26581/16), sind nicht gerade vertrauensbildend. Jedenfalls haben das AG Aachen (10.12.2012, Az. 444 OWi 93/12), das AG Tiergarten (13.06.2013, Az. (318 OWi) 3034 Js-OWi 489/13 (86/13)) und auch das AG Emmendingen (26.02.2014, Az. 5 OWi 530 Js 24840/12) die Zuverlässigkeit des Verfahrens nicht nur in Frage gezogen, sondern Messungen mit dem System für nicht verwertbar erklärt. Das AG Mannheim stellte im November 2016 zudem fest, dass das Gerät offenbar anders misst als in der Bauartzulassung beschrieben und damit in wesentlichen Teilen wohl nicht der Bauartzulassung entspricht (AG Mannheim vom 29.11.2016, Az. 21 OWi 509 Js 35740/15).

Blitzer sind eine lukrative Einnahmequelle!

Erhöhte Aufmerksamkeit wird in letzter Zeit auch den sogenannten Enforcement Trailern der Firma Vitronik zuteil. Der Werbung zufolge sollen diese Systeme die Verkehrssicherheit erhöhen und zur Entschärfung von Unfallschwerpunkten beitragen. Aussagen wie “An Spitzentagen haben einzelne Enforcement Trailer bis zu 2.500 Geschwindigkeitsübertretungen dokumentiert.” legen allerdings eher eine andere Zielrichtung nahe. Vielleicht auch deshalb wurde werden derartiger Anhänge immer wieder kreativ lackiert, in Brand gesetzt oder anderweitig beschädiugt und außer Funktion gesetzt. Sollte(n) der oder die Täter ermittelt werden, droht ihnen übrigens ein Verfahren nur wegen einfacher Sachbeschädigung, nicht wegen Brandstiftung (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig vom 18.10.2013, Az. 1 Ss 6/13). Hierfür wäre unter anderem erforderlich gewesen, dass eine Geschwindigkeitsmessanlage ein Gegenstand ist, der zum öffentlichen Nutzen aufgestellt wurde. Da die Bußgeldbehörde allerdings – jedenfalls primär – das Ziel verfolgt, in repressiver Weise Ordnungswidrigkeiten zu ermitteln und zu ahnden, konnte das OLG Braunschweig dies nicht erkennen.

Abgesehen davon: Das Geschäft mit den Blitzern ist sowohl für Kommunen als auch für private Unternehmen lukrativ. So trug z.B. die Blitzanlage an der A7 vor der Werrabrücke im Jahr 2016 mit ca. 3,1 Millionen Euro zum Göttinger Stadthaushalt bei. In Hannover freute man sich ebenfalls über 3,1 Millionen. Wenn sich das Geschäft nicht lohnt, wird das Blitzen eingestellt oder der Vertrag mit der Kommune gekündigt. Das jedenfalls dachte sich eine Privatfirma, die sich gegenüber einer hessischen Gemeinde dazu verpflichtet hatte, im Gemeindegebiet mehrere Messstationen des Typs PoliScan Speed aufzubauen und als Gegenleistung 6,26 Euro pro Datensatz erhalten sollte. Da sich das Geschäft nicht rechnete, kündigte sie den Vertrag und demontierte die Messanlagen. Die Kommune hatte die Einnahmen allerdings in ihren Haushaltsansätzen eingeplant und klagte erfolgreich auf Schadenersatz. Passend heißt in dem Urteil: Das gemeinsam gewünschte Ziel des Verkehrssicherheitsprojektes im Sinne des Vertrages sei jedenfalls nicht vorrangig das Erreichen einer Verkehrssicherheit an den ausgewählten Messplätzen, sondern die Generierung von Einnahmen durch Bußgelder auf Seiten der Klägerin und die Generierung von abrechenbaren Falldatensätzen auf Seiten der Beklagten. (OLG Frankfurt/Main vom 07.04.2017, Az. 2 U 122/16; s.a. OLG Brandenburg, Urt. v. 21.06.2023, Az. 4 U 62/22; Urt. v. 24.02.2022, Az. 10 U 13/21; VG Wiesbaden, Urt. v. 16.07.2019, Az. 28 K 703/15.WI.D).

Praxistipp

Die Rechtsprechung belegt, dass der Betrieb von Blitzern oftmals weniger der Verkehrssicherheit als vielmehr der Absicherung kommunaler Haushalte und – in zunehmendem Maße – auch dem Wohl privater Betreiber zu dienen bestimm ist. Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Messungen oftmals fehlerbehaftet sind. Die Gründe dafür können sowohl in dem eingesetzten Gerät selber als auch in einer fehlerhaften Bedienung liegen. Ob dies der Fall ist, lässt sich allerdings in der Regel erst nach Akteneinsicht feststellen.

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Voigt regelt!

Aktualisiert am 11.01.2024

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