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Herstellerlogo und Schriftzug eines Automobilherstellers darf nicht jeder verwenden!

Wer darf das Herstellerlogo und den Schriftzug eines Automobilherstellers verwenden? Nicht jeder, urteilte kürzlich das Oberlandesgericht Thüringen (OLG Thüringen, Urteil vom 25. Mai 2016, Az.: 2 U 514/15). Die Kanzlei Voigt hat sich das Urteil einmal genauer angesehen und sagt Ihnen, wer nun berechtigt ist und wer nicht. Geklagt hatte der Verband zur Förderung gewerblicher […]
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29.07.2016
ca. 3 Minuten
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Wer darf das Herstellerlogo und den Schriftzug eines Automobilherstellers verwenden? Nicht jeder, urteilte kürzlich das Oberlandesgericht Thüringen (OLG Thüringen, Urteil vom 25. Mai 2016, Az.: 2 U 514/15). Die Kanzlei Voigt hat sich das Urteil einmal genauer angesehen und sagt Ihnen, wer nun berechtigt ist und wer nicht.

Geklagt hatte der Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gegen die Inhaberin von zwei Autohäusern, die zudem Vertragshändlerin der Automobilmarken M und S ist. Im geschäftlichen Verkehr auf Werbeschildern, Pylonen und Briefbögen warb sie zudem mit dem Logo und dem Schriftzug der Marke H”. Im Internet bezeichnete sie sich als  H Spezialwerkstatt. Das Problem: Sie war keine Vertragshändlerin bzw. hatte keine Vertragswerkstatt des Automobilherstellers H. Der Verband hielt dieses Vorgehen für unlauter und forderte daher zur Unterlassung auf.

In erster Instanz, vor dem Landgericht, verlor der Verband seine Klage. Nun lag der Fall auf dem Schreibtisch der Richter des 2. Zivilsenats vor dem Oberlandesgericht Thüringen. Und diese kamen zu einem völlig anderen Ergebnis.

Das Marken-Logo H darf nicht weiter verwendet werden. Der Anspruch auf Unterlassung wird bejaht.

Nach Ansicht der Richter liegt eine relevante Irreführung  nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz UWG) vor. Zwar habe sich die Inhaberin nicht ausdrücklich als Vertragshändlerin von H bezeichnet. Sie suggeriere aber eine Vertragshändlereigenschaft bzw. die Eigenschaft, eine besonders autorisierte Händlerin zu sein, durch die Verwendung des Marken-Logos am Betriebsgebäude.

Ob eine Irreführung vorliege, hänge davon ab, wie die von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise das beurteilen. Wer oder was sind die Verkehrskreise? Nach Ansicht der Richter sind das nicht nur diejenigen, die bereits ein H-Fahrzeug besitzen. Sondern alle Durchschnittsverbraucher, die am Markt nach Dienstleistungen betreffend den Kfz-Verkauf oder die Kfz-Reparatur suchen.

Dem durchschnittlich informierten und durchschnittlich verständigen aufmerksamen Verbraucher sei beim Kfz-Handel und  der Reparatur bekannt, dass es eine Vielzahl freier Anbieter gebe, die ihr Angebot auf bestimmte Kfz-Marken ausrichten.

Für den Durchschnittsverbraucher sei es daher irreführend, wenn freie Anbieter durch die Verwendung eines vollständigen Markenlogos dem Publikum einreden, es bestehe eine besondere vertragliche Verbindung zum Hersteller der Marke. Dieser würde nämlich annehmen, dass durch die Verwendung des Markenlogos zugleich auch auf eine Vertragshändlereigenschaft hingewiesen werde.

Im vorliegenden Fall benutzte die Inhaberin auf dem großen Werbeschild am Betriebsgebäude sowie auf dem Pylon und dem Geschäftspapier das Markenlogo von H. Die Irreführung sei auch gerade deshalb gegeben, weil auf dem Betriebsgebäude lediglich zwei Marken zu Werbezwecken angegeben sind, auf dem Pylon sogar nur eine Marke. Der Verbraucher gehe davon aus, dass die Inhaberin dann auch Vertragshändlerin für diese andere Marke, nämlich H, sei. Die unlautere geschäftliche Handlung sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Denn die Werbung sei geeignet, dass Verbraucher im Falle des Interesses an einem Kfz-Kauf oder einer -reparatur bezüglich H Fahrzeuge das Angebot der Inhaberin in Erwägung ziehen, sich mit dem Angebot befassen und das Geschäftslokal aufsuchen. Dies genüge!

Die Bezeichnung H Spezialwerkstatt  darf weiterhin benutzt werden. Der Anspruch auf Unterlassung entfällt!

Darf die Inhaberin die Bezeichnung H Spezialwerkstatt” verwenden, die mit dem Inhabernamen auf einem anderen Pylon erscheint? Ja, sagt das Gericht, denn diese sei nicht irreführend. Aber nicht jeder Hinweis auf eine bestimmte Spezialisierung des Geschäftsbetriebs führe zu einer Täuschung dieser Personen. Der Hinweis auf eine Spezialisierung bei Reparaturen mache dem Verbraucher nicht vor, dass die Inhaberin in die Vertriebsorganisation von H eingebunden sei. Vielmehr liege hier ein zulässiger Hinweis auf eine Spezialisierung vor, die tatsächlich auch bestehe. Aus all diesen Gründen erlaubten die Richter am OLG Thüringen auch die Werbung der Inhaberin im Internet. Denn diese Werbung beschränke sich auf die werblich neutral gestaltete Nennung des Begriffs H-Spezialwerkstatt, ohne dass das Logo in seinen gestalterischen Elementen verwendet werden würde.

Praxistipp der Kanzlei Voigt

Interessant an dem Urteil sind vor allem die Aussagen der Richter des 2. Zivilsenats zum neuen Durchschnittsverbraucher. Was ist damit gemeint? Wie sieht der Durchschnittsverbraucher des Jahres 2016 aus? Genau so (Passagen aus dem Urteil):

  • Ältere Rechtsprechung, die noch von einem anderen Verbraucherleitbild als demjenigen des durchschnittlich verständigen, durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers ausgeht, kann deshalb auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres übertragen werden.
  • Insoweit ist entgegenstehende ältere Rechtsprechung und Literatur aufgrund des gewandelten Verbraucherleitbildes nicht mehr heranzuziehen. Vielmehr entspricht ein entsprechend gewandeltes Verbraucherverständnis der neueren Rechtsprechung zu (tatsächlich mit entsprechenden Fähigkeiten ausgestatteten) ‚Spezialisten‘ (zum Beispiel ‚Spezialist für Familienrecht‘). Der relevante Durchschnittsverbraucher wird also von einer ‚Spezialwerkstatt‘ nicht mehr erwarten.
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