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BGH, Urteil vom 04.07.2018, Az. IV ZR 121/17

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 04.07.2018 – Az. IV ZR 121/17 entschieden, dass die in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der KFZ-Haftpflichtversicherung (AKB) eines LKW-Aufliegers enthaltene Subsidiaritätsklausel, welche den Ausgleichsanspruch des Haftpflichtversicherers einer Zugmaschine nach Zahlung im Schadensfall ausschließt, unwirksam ist.
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15.11.2018
ca. 3 Minuten
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der KFZ-Haftpflichtversicherung (AKB) eines LKW-Aufliegers enthaltene Subsidiaritätsklausel, welche den Ausgleichsanspruch des Haftpflichtversicherers einer Zugmaschine nach Zahlung im Schadensfall ausschließt, unwirksam ist.

Kontext der Entscheidung

Damit Fahrzeuge in Deutschland zugelassen und im öffentlichen Straßenverkehr benutzt werden dürfen, muss nach den geltenden Vorschriften eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen sein, die für Schäden aufkommt, welche mit dem Fahrzeug verursacht werden. Gleiches gilt bis auf wenige Ausnahmen auch für nicht motorisierte Anhänger oder Sattelauflieger.

Benutzt der Halter einer Zugmaschine zur Durchführung eines Transportauftrages einen Sattelauflieger einer anderen Firma, dann ergibt sich schnell eine Konstellation, bei der Zugmaschine und Sattelauflieger bei unterschiedlichen Haftpflichtversicherern versichert sind. Verursacht der Fahrer eines solchen LKW-Gespanns einen Unfall, sind beide Versicherer im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten verpflichtet, den entstandenen Schaden auszugleichen. Aus diesem Umstand ergibt sich, dass das Unfallrisiko des jeweiligen LKW-Fahrers doppelt abgesichert ist. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) spricht in § 78 Abs. 1 VVG für derartige Fälle vom Vorliegen einer Mehrfachversicherung. Es ordnet an, dass beide Versicherer im Außenverhältnis als Gesamtschuldner gegenüber dem Geschädigten im jeweils vereinbarten Versicherungsumfang regulieren müssen. Die gesetzlich für KFZ-Haftpflichtversicherer vorgeschriebenen Mindestdeckungssummen werden bei Verkehrsunfällen im Regelfall dazu führen, dass beide Versicherer den entstandenen Unfallschaden vollumfänglich regulieren müssen. Dem Versicherer, der die Regulierungszahlung vornimmt, steht nach § 78 Abs. 2 S.1 VVG gegenüber dem zweiten Versicherer ein anteiliger und daher im Regelfall hälftiger Ausgleichsanspruch zu.

Der Sachverhalt

In dem vom BGH entschiedenen Fall beschädigte der Fahrer eines LKW-Gespanns mit dem ausscherenden Sattelauflieger beim Abbiegen ein geparktes Auto. Für Zugmaschine und Sattelauflieger bestanden zum Unfallzeitpunkt Haftpflichtversicherungen bei unterschiedlichen Versicherern. Der Versicherer der Zugmaschine regulierte den entstandenen Unfallschaden gegenüber dem Fahrzeugeigentümer vollständig. Anschließend forderte er den Versicherer des Sattelaufliegers zur hälftigen Kostenerstattung auf. Dieser lehnte die Ausgleichszahlung unter Hinweis auf die von ihm – ohne Kenntnis und einvernehmliche Mitwirkung des anderen Haftpflichtversicherers – mit dem Halter des Sattelaufliegers bei Vertragsschluss vereinbarten AKB ab. In den vereinbarten AKB war geregelt, dass eine Leistungsverpflichtung nicht bestehen soll, wenn die mit dem versicherten Sattelauflieger verbundene Zugmaschine bei einem anderen Versicherer versichert ist und dieser den Unfallschaden reguliert.

Die maßgebliche Regelung in Ziffer in A.1.1.5. der AKB lautet wörtlich:

…Soweit für einen unter diesem Punkt fallenden KFZ-Haftpflicht-Schaden bereits durch einen anderen Versicherer Versicherungsschutz geboten wird bzw. Versicherungsleistungen erbracht wurden, ist die hier gebotene Deckung nachrangig und nur subsidiär.

Sofern sich der Schaden ausschließlich durch ein Fehlverhalten des Fahrers des Zugfahrzeugs oder die spezifische Betriebsgefahr des Zugfahrzeugs realisiert hat, haften wir im Innenverhältnis nicht gegenüber dem Versicherer des Zugfahrzeugs, wenn für das Zugfahrzeug keine Haftpflichtversicherung bei uns besteht.

Diese Regelungen berühren nicht die Haftung im Außenverhältnis bzw. die Deckung nach dem Pflichtversicherungsgesetz.

Da der Versicherer der Sattelzugmaschine die begehrte hälftige Kostenerstattung ablehnte, erhob der Versicherer der Zugmaschine Klage vor dem zuständigen Amtsgericht. Dieses sprach ihm den begehrten hälftigen Regulierungsbetrag zu. Dagegen legte der Versicherer der Zugmaschine Berufung ein. Nachdem diese erfolglos blieb, legte er Revision zum BGH ein.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Die Revision vor dem BGH blieb erfolglos. Der BGH bestätigte im Anschluss an das Berufungsurteil, dass der Versicherer der Zugmaschine Anspruch auf hälftige Erstattung des von ihm erbrachten Regulierungsbetrags habe. Dieser Anspruch leite sich nach § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG aus dem gesetzlich geregelten Innenausgleich bei Vorliegen einer Mehrfachversicherung ab und sei nicht wirksam ausgeschlossen worden.

Da die verwendete Subsidiaritätsklausel im letzten Absatz die Haftung nach dem PflVG im Außenverhältnis ausdrücklich unberührt gelassen habe, sei die gesetzliche Regelung der Mehrfachversicherung an sich nicht ausgeschlossen worden. Dementsprechend sei im Außenverhältnis zum Geschädigten eine gesamtschuldnerische Verpflichtung beider Versicherer – den entstandenen Unfallschaden auszugleichen – entstanden. Nach vollständiger Zahlung des Unfallschadens durch den Versicherer der Zugmaschine sei daher auch im Innenverhältnis zum Versicherer des Sattelaufliegers vom Entstehen eines hälftigen Ausgleichsanspruchs auszugehen.

Zwar könne dieser im Gesetz vorgesehene Innenausgleich grundsätzlich ausgeschlossen werden. Eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Regelung sei aber nur dann wirksam, wenn die Abweichung ausdrücklich von beiden am Innenausgleich beteiligten Versicherern einvernehmlich vereinbart worden sei. Ein lediglich zwischen einem Versicherer und dem bei ihm versicherten Fahrzeughalter vereinbarter Ausschluss sei als Vertrag zu Lasten Dritter zu werten, der den weiteren vom Innenausgleich betroffenen Versicherer benachteilige und daher unzulässig sei.

Praxistipp

Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall zeigt, dass die von den KFZ-Versicherern verwendeten allgemeinen Versicherungsbedingungen kompliziert sind und es bei der Anwendung sogar zwischen verschiedenen Versicherern zu Streit über die Reichweite der Bedingungen kommen kann.

Wenn es in einem Streitfall bei Ihnen auf die Auslegung von Versicherungsbedingungen ankommt, empfehlen wir, sich von einem der im Versicherungsrecht versierten Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt beraten zu lassen.

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