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Haftung bei Vorfahrtsverstoß trotz überhöhter Geschwindigkeit?

Kommt es zum Unfall, richtet sich die Frage in welcher Höhe der Schaden erstattet wird immer nach der Haftungsverteilung. Häufig besteht Streit zwischen den Beteiligten und den Versicherer. So auch bei einem Unfall eines vorfahrtsberechtigten Motorrads mit einem anderen Fahrzeug, über den das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 05.06.2020 (Az.: 13 S 181/19) zu […]
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08.07.2020
ca. 3 Minuten
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Kommt es zum Unfall, richtet sich die Frage in welcher Höhe der Schaden erstattet wird immer nach der Haftungsverteilung. Häufig besteht Streit zwischen den Beteiligten und den Versicherer. So auch bei einem Unfall eines vorfahrtsberechtigten Motorrads mit einem anderen Fahrzeug, über den das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 05.06.2020 (Az.: 13 S 181/19) zu entscheiden hatte.

Was war passiert?

Im Juli 2017 fuhr ein Motorradfahrer über eine Straßenkuppe, hinter der er mit einem Fahrzeug kollidierte, dass circa 60 Meter hinter besagter Kuppe von einem Feldweg kommend nach links auf die Straße abbiegen wollte. Als er seinen Schaden vom Fahrzeugversicherer erstattet haben wollte, kam es zum Streit um die Haftung, weil nur ein Teil seines Schadens ersetzt wurde.

Der Motorradfahrer sah sein Vorfahrtsrecht verletzt. Gleichzeitig war er der Auffassung, dass ihn keine Mithaftung träfe. Er selbst habe den Zusammenstoß trotz einer Geschwindigkeit von nur 80 km/h [bei zugelassenen 100 km/h] nicht vermeiden können, weil ein Bremsvorgang aufgrund der Kürze des Sichtkontakts nicht mehr ausgereicht habe und für ein Ausweichen nicht genügend Raum vorhanden gewesen sei. Daher sei aus seiner Sicht sein voller Schaden zu ersetzen.

Der Fahrer des anderen Fahrzeuges und sein Versicherer waren anderer Ansicht. Der Fahrer habe den Motorradfahrer aufgrund der Straßenführung nicht (…) sehen können, als er nach ordnungsgemäßem Halt (…) eingefahren sei. Der [Motorradfahrer] habe den Zusammenstoß jedenfalls durch ein Ausweichmanöver vermeiden können, weil [der Fahrer des anderen Fahrzeugs dieses] auf dem rechten Fahrbahnteil (…) zum Stehen gebracht habe, sodass der linke Fahrstreifen, auf dem kein Gegenverkehr herrschte, frei geblieben sei.

Das Amtsgericht (AG) Saarlouis holte unter anderem ein verkehrstechnisches Sachverständigengutachten ein und kam in seinem Urteil vom 20.11.2019 (Az.: 25 C 213/18) zu dem Schluss, dass der Fahrer des anderen Fahrzeugs alleine für den Unfall haftbar war. Vor allem bejahte das Gericht den Anspruch aufgrund des Anscheinsbeweises aus § 8 Absatz 2 Satz 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).

Dagegen legten der Versicherer und der andere Fahrer Berufung ein. Sie waren der Auffassung, dass der Anscheinsbeweis wegen einer Verletzung des gegenseitigen Vorsicht- und Rücksichtnahmegebots (§ 1 Absatz 1 StVO) durch den Motorradfahrer erschüttert sei und das Gericht die Betriebsgefahr des Motorrads nicht ausreichend gewürdigt habe.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht führte zunächst aus, dass [d]er Vorfahrtberechtigte, der sich auf einen Vorfahrtsverstoß beruft, (…) daher grundsätzlich nachzuweisen [hat], dass er für den Wartepflichtigen erkennbar war (…). Denn der Wartepflichtige hat das Vorfahrtsrecht eines herannahenden Verkehrsteilnehmers nur dann zu beachten, wenn das bevorrechtigte Fahrzeug in dem Augenblick, in dem der Wartepflichtige mit dem Einfahren beginnt, bereits sichtbar ist. Die bloße Möglichkeit, dass auf der Vorfahrtstraße ein Kraftfahrzeug herannahen könnte, löst noch keine Wartepflicht aus.

Allerdings ging es zu Lasten des anderen Fahrers, dass er teilweise eingefahren war. Kommt es, wie hier, zu einem Verkehrsunfall mit einem zur Vorfahrt Berechtigten, nachdem der Wartepflichtige bereits (teilweise) in den Einmündungsbereich eingefahren war, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Verstoß gegen § 8 StVO unfallursächlich war, solange sich der Wartepflichtige noch nicht ohne Behinderung des bevorrechtigten Verkehrs eingeordnet hatte. Der Motorradfahrer war laut Gutachten für den anderen Fahrer auch rechtzeitig erkennbar.

Eine überhöhte Geschwindigkeit des Motorradfahrers konnte dagegen nicht festgestellt werden, ebenso wenig wie ein anderer Verstoß, der eine andere Bewertung rechtfertigen würde. Damit fehlte es an einem atypischen Verlauf, der den Anscheinsbeweis erschüttern konnte. Die Berufung wurde abgewiesen.

Kanzlei Voigt Praxistipp

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