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Welche Hinweis- und Aufklärungspflichten treffen die Werkstatt im Rahmen der Reparatur?

Der Kunde ist König – und der Reparaturauftrag das Maß der durchzuführenden Arbeiten. Doch was passiert, wenn trotz ordnungsgemäßer Reparatur ein anderer Mangel zu einem Schaden führt? Bestehen für die Werkstatt Überprüfungs- und Hinweispflichten über den Kundenauftrag hinaus? Und wenn ja, in welchem Umfang? Mit dieser Frage und einer möglichen Haftung musste sich das Oberlandesgericht […]
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12.03.2020
ca. 4 Minuten
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Der Kunde ist König – und der Reparaturauftrag das Maß der durchzuführenden Arbeiten. Doch was passiert, wenn trotz ordnungsgemäßer Reparatur ein anderer Mangel zu einem Schaden führt? Bestehen für die Werkstatt Überprüfungs- und Hinweispflichten über den Kundenauftrag hinaus? Und wenn ja, in welchem Umfang? Mit dieser Frage und einer möglichen Haftung musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in seinem Urteil vom 17.10.2019 (Az.: I-21 U 43/18) befassen.

Was war passiert?

Ein Kunde beauftragte seine Werkstatt mit Reparaturarbeiten am Fahrzeugmotor. Diese umfassten unter anderem die Erneuerung der hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und eines Kettenspanners. Die gelängten und daher austauschbedürftigen Steuerketten wurden im Rahmen der Arbeiten jedoch nicht überprüft. Der Motor erlitt in Folge dessen einen Totalschaden – nur einige hundert Kilometer nach der Reparatur.

Der Kunde holte daraufhin für knapp 2.400 Euro ein Sachverständigengutachten ein, um die Schadensursache zu klären, woraufhin er für circa 3.500 Euro einen neuen Motor einbauen ließ. Diese Kosten sowie 1.000 Euro für Nutzungsausfall machte er bei seiner Werkstatt geltend. Diese wies die Forderung des Kunden jedoch ab. Weil er sich damit nicht zufrieden geben wollte, verklagte der Kunde die Werkstatt auf Schadensersatz.

Verletzung einer Pflicht?

Für den Anspruch auf Ersatz des Schadens müsste die Werkstatt eine Pflicht verletzt haben. Die Reparatur hat sie jedoch auftragsgemäß durchgeführt. Hätte sie also die gelängten Steuerketten überprüfen müssen? Weil die Werkstatt bei den durchgeführten Reparaturarbeiten am Motor mit den Steuerketten befasst war, wäre sie nach Auffassung des Oberlandesgerichtes daher auch verpflichtet gewesen diese zu überprüfen.

Das Gericht erklärte, dass Mängel und Unzulänglichkeiten an Fahrzeugteilen, die später nicht ohne weiteres entdeckt und behoben werden könnten, von der Werkstatt bei der Reparatur  zu überprüfen seien. Die Werkstatt habe daher eine Prüfpflicht verletzt. Auf den bestehenden Mangel an den Steuerketten hätte sie zudem den Kunden hinweisen müssen und ihm nahelegen müssen diese auszutauschen. Daher sah das OLG auch eine Verletzung der Hinweispflicht.

Daher sprach das Gericht dem Kunden den Ersatz des geltend gemachten Schadens zu. Allerdings kürzte es den Erstattungsbetrag um die Kosten, die der Kunde für die Steuerketten hätte aufwenden müssen. Schließlich wären ihm zumindest diese nach dem Hinweis entstanden.

Gibt es Einschränkungen der Prüfpflicht?

Müssen Werkstätten jetzt ungeachtet des Auftrags alles prüfen? Maßgeblich ist noch immer der Reparaturauftrag. Ein Urteil des OLG Koblenz vom 18.07.2019 (Az.: 1 U 242/19) bestätigt dies. Dort sollte die Werkstatt laut schriftlichem Werkstattauftrag das digitale Tachometer eines Motorrads reparieren. Nach einem Austausch der Batterien führte die Werkstatt eine Probefahrt durch, die unauffällig verlief.

Auf der Rückfahrt versagte das Bremssystem und die Kundin verunfallte. Das eingeholte Sachverständigengutachten gab als Grund des Bremsversagen den betriebsbedingten Verschleiß der Bremsflüssigkeit an, so dass ein Wartungsmangel vorlag. Allerdings hätte die Kontrollleuchte den Ausfall der elektronisch gesteuerten Bremse anzeigen müssen. Eine Überprüfung der Bremsen war jedoch nicht beauftragt oder besprochen worden.

Die Kundin war dennoch der Meinung, dass die Werkstatt verpflichtet gewesen wäre bei den Arbeiten am Tachometer eine Überprüfung des Bremssteuergerätes durchzuführen oder wenigstens einen Hinweis auf die Möglichkeit eines Bremsversagens hinzuweisen. Sie verklagte daher die Werkstatt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass keine Pflicht zur Überprüfung des gesamten Elektronik-Systems bestehe, wenn das weder beauftragt sei, noch Anzeichen für einen Defekt bestünden. Dazu heißt es in dem Urteil aus Koblenz: Erkennt oder kann (…) eine Kfz-Werkstatt einen die Betriebssicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigenden Mangel erkennen, dann begründet dies dem Kunden gegenüber eine Mitteilungspflicht (…). Die Aufklärungs- und Beratungspflichten (…) erstrecken sich aber grundsätzlich nur auf das in Auftrag gegebene Werk und die damit zusammenhängenden Umstände. (…) Vom Unternehmer, dem ein konkreter Reparaturauftrag erteilt worden ist, kann nicht verlangt werden, dass er auch sämtliche übrigen Teile (…) ohne besonderen Auftrag überprüft. Mit der Probefahrt habe die Werkstatt ihrer Überprüfungspflicht genügt. Der Schadensersatzanspruch der Kundin wurde daher abgewiesen.

Kanzlei Voigt Praxistipp

Neben der Pflicht zur ordnungsgemäßen Auftragsdurchführung treffen Werkstätten auch Nebenpflichten. Dazu gehören auch Aufklärungs- und Beratungspflichten. Allem voran betrifft dies Mängel, die die Betriebssicherheit beeinträchtigen. Aber auch Umstände, die der Kunde nicht kennt, die jedoch seine Entscheidung beeinflussen und für den Auftrag von Bedeutung sind, können eine solche Pflicht begründen.

Wie diese Pflichten im Einzelfall ausfallen, hängt von Umständen wie dem Fachwissen der Werkstatt, dem Beratungsbedarf des Kunden aber auch von den durchgeführten Arbeiten ab. Offensichtlich defekte Teile, mit denen sich die Werkstatt im Rahmen der durchgeführten Arbeiten befasst, sollten ihr auffallen. Gleichzeitig kann der Kunde nicht erwarten, dass die Werkstatt sämtliche Fahrzeugteile überprüft, die nicht zum Auftrag gehören. Schließlich würde der Kunde diese Mehrarbeiten auch nicht unnötig bezahlen wollen.

Um Missverständnissen vorzubeugen, bietet sich ein Gespräch mit dem Kunden. Sollte es dennoch zum Streit zwischen Werkstatt und Kunde kommen, hilft ein erfahrener Rechtsbeistand weiter. Die Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt helfen gerne weiter.

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