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Zu den Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages

Aus Anlass des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages stand Goslar auch in diesem Jahr wieder im Zentrum des Interesses der Verkehrsjuristen. Mehrere hundert Experten trafen sich, um über Fragen der Verkehrssicherheit und verwandte Themen zu diskutieren. Mit dabei waren auch Spezialisten der Kanzlei Voigt, um sich nicht nur direkt über die neuesten Tendenzen zu informieren, sondern auch, […]
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27.01.2017
ca. 10 Minuten
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Aus Anlass des 55. Deutschen Verkehrsgerichtstages stand Goslar auch in diesem Jahr wieder im Zentrum des Interesses der Verkehrsjuristen. Mehrere hundert Experten trafen sich, um über Fragen der Verkehrssicherheit und verwandte Themen zu diskutieren. Mit dabei waren auch Spezialisten der Kanzlei Voigt, um sich nicht nur direkt über die neuesten Tendenzen zu informieren, sondern auch, um die Beschlüsse und Empfehlungen aktiv mitgestalten zu können. Schließlich dienen diese nicht selten dem Gesetzgeber als unterstützende Vorlage bei anstehenden Gesetzgebungsvorhaben.

Von besonderem Interesse waren dieses Jahr die Themen Fahrverbot als Nebenstrafe bei allgemeiner Kriminalität, Unfallursache Smartphone, Senioren im Straßenverkehr, Sicherheit des Radverkehrs und Die Rolle der Polizei bei der Verkehrsüberwachung.

AK I: Fahrverbot als Nebenstrafe bei allgemeiner Kriminalität?

Die Diskussion drehte sich um die Frage, ob das Fahrverbot als Nebenstrafe bei Delikten der allgemeinen Kriminalität, z.B. bei Raub, Körperverletzung oder Unterhaltspflichtverletzung, im Gesetz verankert werden soll. Das Fahrverbot wäre damit nicht nur bei solchen Taten, die einen engen Bezug zum Kraftfahrzeug oder Straßenverkehr aufweisen (z.B. Verwendung gefälschter Kfz-Kennzeichen, KG Berlin vom 06.05.2016 – Az.: (4) 121 Ss 56/16 (69/16)), sondern auch bei Delikten der allgemeinen Kriminalität anwendbar. Das Thema trug den Bestrebungen der Bundesregierung Rechnung, den Gerichten – auch abseits von verkehrsbezogenen Straftaten – ein zusätzliches Mittel an die Hand zu geben, um zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einwirken und zugleich insbesondere kurze Freiheitsstrafen vermeiden zu können.

Die Diskussion zu dem Thema war komplex.

Die Empfehlung des Verkehrsgerichtstages lautet wie folgt:

Der Arbeitskreis lehnt mit einer weit überwiegenden Mehrheit den Gesetzentwurf ab.

– Er sieht für eine solche Nebenstrafe kein praktisches Bedürfnis.

– Soweit der Vorschlag damit begründet wird, anderenfalls zu vollstreckende Freiheitsstrafen abzuwenden, würde dies zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Privilegierung der Fahrerlaubnisinhaber führen.

– Statt eines Fahrverbots sollte auch bei Vermögenden das Potential der Geldstrafe durch eine gründliche Ermittlung der Vermögensverhältnisse ausgeschöpft werden.

– Der Arbeitskreis sieht mehrheitlich kein Bedürfnis für eine weitere Ausdifferenzierung des Sanktionensystems im Bereich der leichten und mittleren Kriminalität.

Anmerkung

Mangels Bedarf bleibt also zunächst alles wie bisher. Weder wird § 44 StGB geändert, noch wird das Fahrverbot zu einer standardisierten Begleitsanktion. Es kann aber schon heute davon ausgegangen werden, dass es auch künftig immer wieder Vorstöße in diese Richtung geben wird (vgl. OLG Frankfurt vom 15.05.2013 – Az.: 2 Ss 139/13 zu AG Biedenkopf vom 10.01.2013 – Az.: 41 Cs – 3 Js 1606/12). Der BGH hat für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB übrigens bereits 2003 klargestellt, dass die Maßregelanordnung nicht allein auf solche Taten gestützt werden kann, welche als solche die Sicherheit des Verkehrs beeinträchtigen, sondern grundsätzlich auch auf Taten der sonstigen, allgemeinen Kriminalität (BGH, Urteil vom 26.09.2003 – Az.: 2 StR 161/03 m.w.N.).

AK II: Unfallursache Smartphone

Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Weiterentwicklung des Sanktionsrahmens, um die Nutzung von Smartphones im Straßenverkehr mit angemessenen Sanktionen effektiver eindämmen zu können als bisher. Ein weiteres Thema war die Ausweitung des Nutzungsverbots auf Tablets und mobile Computer insgesamt. Die Beiträge führten eindrucksvoll vor Augen, dass die Technik die rechtliche Entwicklung überholt, wenn nicht sogar abgehängt hat. Die Intensität der Diskussionen, als es um die Einziehung des Smartphones oder die Verhängung eines Fahrverbots im Wiederholungsfall ging, führte die Brisanz des Themas unmissverständlich vor Augen.

Die Empfehlung des Verkehrsgerichtstages lautet wie folgt:

Die Gefahren durch die Missachtung des Handyverbots sind unverändert ein in der Gesellschaft unterschätztes Problem. Der Arbeitskreis ist der Auffassung, dass eine gesellschaftliche Ächtung der Nutzung von elektronischen Geräten während des Fahrens erreicht werden muss. Dazu ist eine Kombination von psychologischen, edukativen, technischen und rechtlichen Maßnahmen notwendig.

Es fehlen nach wie vor für Deutschland verlässliche Zahlen, in welchem Umfang die Benutzung von elektronischen Geräten bei der Teilnahme am Straßenverkehr zu Unfällen führt. Der Arbeitskreis empfiehlt, eine In-Depth-Unfallstudie in Auftrag zu geben.

Die Ablenkung im Straßenverkehr muss Thema der schulischen Verkehrserziehung in allen Altersstufen werden. Für die Fahrausbildung sind geeignete Aufgaben wissenschaftlich zu entwickeln und zu evaluieren. Mit Verkehrsaufklärung, insbesondere Kampagnen, soll der Bevölkerung die Verantwortungslosigkeit dieses Verhaltens bewusst gemacht werden.

Es sollen weitere technische Lösungen entwickelt und bei entsprechender Tauglichkeit verbindlich vorgeschrieben werden, die eine rechtswidrige Nutzung von Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungsmitteln durch Fahrende unterbinden.

Der Arbeitskreis begrüßt die wesentliche Umsetzung der Empfehlungen des Arbeitskreises V des 53. Deutschen Verkehrsgerichtstages im vorliegenden Referentenentwurf zur Änderung des § 23 Abs. 1a StVO. In Satz 1 Nr. 1 sollte die Formulierung in aufgenommen oder gehalten wird geändert werden. In Satz 1 Nr. 2 b) sollte erforderlich ist in erfolgt geändert werden.

Hinsichtlich der Tatfolgen empfiehlt der Arbeitskreis, dass der wiederholt innerhalb eines Jahres auffällig gewordene Täter mit einem Regelfahrverbot und/oder einer Teilnahme an einem Verkehrsunterricht nach § 48 StVO belegt wird. Hierneben ist der Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe als schwerwiegender Verstoß (A-Verstoß) zu werten.

Der Arbeitskreis empfiehlt dem Gesetzgeber, sich dem Problem der Ablenkung von Fußgängern durch elektronische Geräte zu widmen.

Anmerkung

Dass aktuell etwa jeder zehnte Tote im Straßenverkehr auf einen durch Ablenkung verursachten Unfall zurückzuführen ist, ist inakzeptabel. Schon von daher begrüßen wir die Empfehlung. Ob und wie sich die Empfehlung auf die künftige Gesetzgebung auswirken wird, bleibt spannend. Dass die Einziehung des Smartphones nicht erwähnt wird, ist nachvollziehbar. Angesichts der grundrechtlichen Hürden für die Einziehung von Mobiltelefonen (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 04.02.2005 – Az.: 2 BvR 308/04) waren Diskussionen vorprogrammiert.

AK III: Senioren im Straßenverkehr

Die Frage, ob es ein bestimmtes Alter gibt, ab dem Senioren zum Risiko für andere Verkehrsteilnehmer werden oder ab dem mit steigenden Unfallzahlen zu rechnen ist, wurde – erwartungsgemäß – kontrovers und fast schon emotional diskutiert. Wie in der Beschreibung des Arbeitskreises zu lesen, nehmen die Risikobereitschaft und Regelüberschreitungen im Alter ab, während die Zahl der Erkrankungen und Medikamenteneinnahmen steigt. § 11 Abs. 2 Fahrerlaubnisverordnung ermöglicht zwar schon heute die Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn der Inhaber die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen nicht oder nicht mehr erfüllt. Aber so wenig, wie eine langjährige unfallfreie Fahrpraxis als Indiz für die aktuelle Fahreignung zu werten ist (Bayerischer VGH, Beschluss vom 6. April 2009 – Az.: 11 CS 09.450), ist jeder altersbedingte Abbau der geistigen und körperlichen Kräfte ausreichender Anlass für eine Entziehung (OVG Berlin-Brandenburg vom 02.05.2012 – Az.: OVG 1 S 25.12). Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall nachzuweisen. Schließlich kann der Wegfall der Eignung ja auch einer erst in jüngerer Zeit eingetretenen Entwicklung geschuldet sein (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 17.01.2005 – Az.: 11 CS 04.2955). Ein hohes Alter reicht für sich gesehen jedenfalls nicht aus, um die Fahreignung anzuzweifeln (VG Düsseldorf vom 13.03.2013 – Az.: 6 L 299/13).

Die Empfehlung des Verkehrsgerichtstages lautet wie folgt:

Es gibt Hinweise darauf, dass ältere Menschen als Kraftfahrer ein zunehmendes Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen. Politik und Forschung sind aufgefordert, zeitnah die not-wendige Datengrundlage hinsichtlich der Risikoabschätzung zu schaffen.

Für die Einführung genereller, obligatorischer und periodischer Fahreignungsüberprüfungen gibt es derzeit keine Grundlage.

Instrumente zur besseren Einschätzung der eigenen Fahrkompetenz sind zu entwickeln und wissenschaftlich zu evaluieren. Vorgeschlagen wird eine qualifizierte Rückmeldefahrt, deren Ergebnis ausschließlich dem Betroffenen mitgeteilt wird. Falls sich herausstellt, dass solche Instrumente auf freiwilliger Basis nur unzureichend in Anspruch genommen werden, ist die Teilnahme obligatorisch zu machen.

Die anlassbezogene Fahreignungsüberprüfung muss insbesondere zur Vermeidung von Mehr-fachbegutachtungen älterer Kraftfahrer verbessert werden. Dazu gehört:

– Verankerung der psycho-physischen Leistungsüberprüfung (Interview, Leistungstest, Fahrverhal-tensbeobachtung) als eigenständiges Instrument in der Fahrerlaubnis-Verordnung, da in erster Linie kognitive Leistungseinschränkungen vorliegen,

– größere Sensibilisierung der Ermittlungsbehörden für Fahreignungsmängel.

Die verkehrsmedizinische Kompetenz der Ärzte muss verbessert werden. Es ist zu prüfen, welche Meldepflichten für Ärzte hinsichtlich der Fahreignung ihrer Patienten vorgegeben werden sollen.

Die älteren Kraftfahrer werden aufgerufen, in Eigenverantwortung jederzeit zu prüfen, ob und wie sie auf eventuelle Einschränkungen ihrer Fahreignung angemessen reagieren müssen.

Anmerkung

Ob der nach Artikel 7 der 3. Führerscheinrichtline (2006/126/EG) mögliche Seniorenführerschein kommt oder in welcher Weise der Gesetzgeber den ihm gegebenen Spielraum nutzt, wird sich zeigen. Da die Konsequenzen der Empfehlung weniger die aktuellen, sondern insbesondere die künftigen Senioren betreffen werden, ging es neben der Verkehrssicherheit nicht zuletzt auch um Aspekte der Besitzstandswahrung, was dem einem oder anderen Beitrag jüngerer Diskussionsteilnehmer denn auch zu entnehmen war. Und angesichts des nicht zu unterschätzenden Wählerpotentials wird der Politik mit Sicherheit nicht daran gelegen sein, die Senioren zu verärgern.

AK IV: Sicherheit des Radverkehrs

Wer erwartete, dass es ausschließlich um den Radfahrer als Opfer des Straßenverkehrs gehen würde, wurde schnell eines Besseren belehrt. Den Erfordernissen einer Gesamtschau entsprechend, wurde der Radfahrer sowohl als Opfer, insbesondere bei Abbiegeunfällen, aber auch als Rowdy, der alle Verkehrsregeln missachtet (vgl. LG Berlin vom 10.05.2011 – Az.: 14 O 41/11) behandelt. Ziel des Arbeitskreises war es, Vorschläge für ein gedeihliches Miteinander der Verkehrsteilnehmer, an dem es erfahrungsgemäß offenbar fehlt (vgl. z.B. OLG Celle vom 05.12.2002 – Az.: 14 U 53/02), zu erarbeiten.

Folgende Empfehlung wurde verabschiedet:

  1. Der Arbeitskreis empfiehlt, die Radverkehrsinfrastruktur generell einfach, selbsterklärend und sicher zu gestalten. Dabei sind durchgehende Radverkehrsnetze zu schaffen.
  2. Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) beschreiben, wie sichere Radverkehrsanlagen geplant, ausgeführt und betrieben werden können. Erreicht werden muss eine für alle Straßenbaulastträger verpflichtende Einführung der ERA als Mindeststandard.
  3. Die Bundesregierung sollte sich auf europäischer Ebene intensiv für eine zeitnahe Ein-führung geeigneter Fahrzeugassistenzsysteme (z. B. Lkw-Abbiegeassistenten, Pkw-Notbremsassistenten, Abbiege-Geschwindigkeitsbegrenzer) zur Verhinderung von Radverkehrsunfällen einsetzen. Zudem ist auf eine Verbesserung der passiven Schutzmaßnahmen an Kraftfahrzeugen zur Minimierung der Verletzungsschwere von Radfahrenden hinzuwirken.
  4. Der Einsatz von Fahrradstaffeln der Polizei leistet einen wirksamen Beitrag zu mehr Akzeptanz der Verkehrsregeln bei Radfahrern und Kraftfahrern. Deshalb sollten bundesweit in allen größeren Städten mit einem nennenswerten Radverkehrsaufkommen speziell ausgebildete und ausgerüstete polizeiliche Fahrradstaffeln, möglichst als Alleinaufgabe, eingerichtet werden.
  5. Der Arbeitskreis empfiehlt mehr Überwachung und Sanktionierung von Verkehrsverstößen von und gegenüber Radfahrenden.
  6. Der Arbeitskreis empfiehlt mehr und zielgruppenorientiertere Aufklärung und Vermittlung von Regelkenntnissen rund um den Radverkehr (z. B. Frage der Benutzungspflicht von Radwegen; einzuhaltender Seitenabstand beim Vorbeifahren/Überholen; Beleuchtungseinrichtungen) sowohl für Radfahrende als auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer. Hilfreich sind bundesweite Rad-Aktionstage.

Anmerkung

Ob und welche Auswirkungen die Empfehlung haben wird, bleibt abzuwarten. Dies gilt nicht zuletzt in Anbetracht der knappen Kassen bei Ländern und Kommunen. Schließlich geht es nicht nur um das Verhalten der Verkehrsteilnehmer untereinander. Wer die Gewährleistung und Erhöhung der Sicherheit für Fahrradfahrer konsequent angehen will, darf auch die Träger der öffentlichen Straßenbaulast nicht außer Acht lassen (vgl. VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 16.11.2015 – Az.: 4 K 1000/14.NW).

AK VII: Fortschritt statt Rückzug? Die Rolle der Polizei bei der Verkehrsüberwachung

Im Zentrum des Arbeitskreises stand die Verlagerung hoheitlicher Aufgaben auf private Dienste und es wurde intensiv darüber debattiert, ob dies eine angemessene oder geeignete Antwort auf das sich fortlaufend erweiternde polizeiliche Aufgabenspektrum sein könne. Bereits früh zeichnete sich ab, dass die Verlagerung in private Hände einer Kapitulation des Rechtsstaates gleich käme.

Die Messungen dienen nicht zuletzt der Beweissicherung im Verfahren – und diese ist und bleibt hoheitliche Aufgabe. Abgesehen davon könnte eine Übertragung auf private Unternehmen dazu führen, dass sich die Durchführung der Messungen nicht mehr an der Verkehrssicherheit, sondern vornehmlich an wirtschaftlichen Interessen orientiert. Das kann aber nicht Sinn und Zweck sein.

Entsprechend klar fiel denn auch die Empfehlung aus:

Die Länder müssen der Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei künftig auch im Interesse der inneren Sicherheit wieder mehr Bedeutung zumessen. Dies gilt in erster Linie für die Verkehrsüberwachung, umfasst aber auch die sichtbare Polizeipräsenz im Straßenverkehr und die Aufnahme aller Verkehrsunfälle durch die Polizei.

Die bundesweite Harmonisierung der Verkehrsüberwachung – z. B. durch Angleichung der Verkehrsüberwachungsrichtlinien – ist anzustreben. Für ein Mehr an Transparenz und Akzeptanz ist durch persönliche Ansprache und Kontrolle vor Ort durch die Polizei zu sorgen. Die Bekämpfung von Unfallschwerpunkten durch verstärkte Überwachung muss dabei die Kernaufgabe bleiben; dazu ist die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Kommunen zu intensivieren. Die technische Ausstattung der Polizei ist dabei auf dem neuesten Stand zu halten.

Die Neutralität der den Beweis erhebenden Person ist zu bewahren. Die Herrschaft über Geschwindigkeits- und Abstandsmessung, Messauswertung sowie Ermittlung des sanktionsrelevanten Sachverhalts darf wegen verfassungs- und europarechtlicher Vorgaben (Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz, Staatsvorbehalt) nicht auf Private übertragen werden, auch nicht bei Einführung der Section Control.

Die Polizei darf sich nicht aus der Verkehrsunfallprävention, z. B. der schulischen Radfahrausbildung, zurückziehen. Die Qualität der fahrpraktischen Ausbildung der Kinder für den Straßenverkehr ist durch den Einsatz der Polizei zu sichern.

Der in § 48 der Straßenverkehrs-Ordnung enthaltene Verkehrsunterricht ist verstärkt anzuwenden. Seine Durchführung sollte auch qualifizierten Privaten, z. B. nach dem Muster der Fahreignungs-seminare, ermöglicht werden.

Damit sich die Polizei besser auf ihre Aufgaben konzentrieren kann, ist die Polizei von der Begleitung von Großraum- und Schwertransporten zu entlasten. Von der im Straßenverkehrsgesetz geschaffenen Möglichkeit zur Übertragung auf Verwaltungshelfer und Beliehene ist zeitnah Gebrauch zu machen.

Anmerkung

Wir begrüßen, dass der Kernbereich der hoheitlichen Aufgaben bei der Verkehrsüberwachung im Großen und Ganzen unangetastet bleibt. Auch unserer Auffassung nach können hoheitliche Aufgaben schon in Hinblick auf die Rechtssicherheit nicht ohne weiteres auf Dritte übertragen werden. Die Polizei ist bei der Verfolgung von Verkehrsverstößen als neutraler Hoheitsträger unverzichtbar. Wir stimmen zwar grundsätzlich mit dem OLG Stuttgart (25.08.2016 – Az.: 4 Ss 577/16) darin überein, dass eine Verwaltungsbehörde sich der technischen Hilfe von Privatpersonen bedienen darf, solange sie sich ihrerseits an die rechtlichen Vorgaben hält (vgl. OLG Sachsen-Anhalt vom 07.05.2012 – Az.: 2 Ss (Bz) 25/12). Sie muss aber in jedem Fall Herrin des Verfahrens bleiben. Einer Übertragung an private Unternehmen, damit diese die Überwachung eigenverantwortlich durchführen können, stehen wir ausgesprochen kritisch gegenüber. Dies gilt nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den Radarmessungen des Vitronic PoliScan Speed (hierzu AG Mannheim vom 29.11.2016 – Az.: 21 OWi – 509 Js 35740/15). Die Verkehrsüberwachung sowie die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten gehört als typische Hoheitsaufgabe zum Kernbereich staatlicher Hoheitsaufgaben, für die speziell im Fall von Verkehrsordnungswidrigkeiten gemäß § 26 Abs. 1 StVG Behörden oder Bedienstete der Polizei zuständig sind. (OLG Frankfurt vom 03.03.2016 – Az. 2 Ss-OWi 1059/15).

Zusammenfassendes Fazit

Die Aktualität der behandelten Themen und die in der Sache hart, aber im Ton fair geführten Diskussionen haben die Existenzberechtigung des Verkehrsgerichtstags auch in diesem Jahr wieder eindrucksvoll bestätigt. Für uns als Kanzlei Voigt war es wichtig, mit mehreren Anwälten direkt vor Ort am Puls dabei zu sein. Auf diese Weise sind wir nicht nur über die aktuelle Rechtslage, sondern auch über künftige Entwicklungen und Tendenzen bereits im Frühstadium informiert und können die Rechte unserer Mandanten effektiv und mit den richtigen Mittel durchsetzen.

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