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Ausgebremst? Haftung beim provozierten Unfall

Mitunter gerät der Straßenverkehr zur Arena hitziger Auseinandersetzungen einzelner Verkehrsteilnehmer untereinander und wenn dann die Pferde durchgehen, hat dies regelmäßig auch Konsequenzen. Doch wer haftet, wenn unklar ist, wer in welchem Umfang zum Unfallgeschehen beigetragen hat? Diese Frage hatte das Landgericht (LG) Potsdam in einem Urteil vom 14.05.2020 (Az. 2 O 26/18) zu entscheiden. Was […]
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09.06.2020
ca. 3 Minuten
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Mitunter gerät der Straßenverkehr zur Arena hitziger Auseinandersetzungen einzelner Verkehrsteilnehmer untereinander und wenn dann die Pferde durchgehen, hat dies regelmäßig auch Konsequenzen. Doch wer haftet, wenn unklar ist, wer in welchem Umfang zum Unfallgeschehen beigetragen hat? Diese Frage hatte das Landgericht (LG) Potsdam in einem Urteil vom 14.05.2020 (Az. 2 O 26/18) zu entscheiden.

Was war passiert?

Im Juni 2017 verfolgte ein Autofahrer einen anderen über eineinhalb Stunden, weil er mit diesem im Zwist lag und ihn bewusst stören wollte. Anlass der Streitigkeit war eine vermeintliche Falschberatung bezüglich einer Versicherung. Der Verfolgte rief seinen Arbeitgeber an, den Geschäftsführer der Firma, gegen die der verfolgende Autofahrer wegen der Falschberatung erfolglos geklagt hatte.

Der Verfolgte verabredete sich mit dem Geschäftsführer und hielt gegen 21 Uhr am vereinbarten Treffpunkt an. Der Verfolger kam wenige Meter hinter ihm zum Stehen. Nach Aussage des Verfolgers bemerkte er im Rückspiegel den sich nährenden Wagen des Geschäftsführers; der Verfolgte sei derweil rückwärts auf ihn zugefahren. Er befürchtete, nun von beiden Fahrzeugen in die Zange genommen zu werden und entschloß [sic!] sich zur Flucht. Er fuhr vom Fahrbahnrand an und beschleunigte stark. Der Geschäftsführer folgte ihm mit seinem Wagen und es kam zum Auffahrunfall.

Der Verfolger verlangte vom Geschäftsführer und seinem Haftpflichtversicherer Ersatz des Fahrzeugschadens sowie Schmerzensgeld für seine bei dem Unfall erlittenen Verletzungen. Als diese Forderungen nicht beglichen wurde, verklagte er den Geschäftsführer und dessen Versicherer.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht sah grundsätzlich einen Erstattungsanspruch des klagenden Verfolgers: Das Fahrzeug des Klägers wurde beim Betrieb des Beklagtenfahrzeuges beschädigt und der Kläger verletzt. Aber anders als bei üblichen Auffahrunfällen sah das Gericht einen atypischen Verlauf als gegeben an.

Der Kläger nutzte den Straßenverkehr gerade nicht primär zur Fortbewegung, sondern um seiner (…) Abneigung gegen den [Verfolgten] freien Lauf zu lassen, diesem das Leben schwer zu machen und ihn zu tyrannisieren. (…). Der Kläger missbrauchte [sic!] den Straßenverkehr jedenfalls am Unfalltag zum Ausleben von Machtspielchen und Animositäten. Das legt jedenfalls die Möglichkeit eines atypischen Hergangs des Auffahrunfalls nahe. Gerade das Ausbremsen eines Fahrzeuges gehört zum typischen Repertoire von Personen, die den Straßenverkehr für Machtspielchen nutzen.

Auch sprach aus Sicht des Gerichts der Unfallhergang gegen ein typisches Unfallgeschehen. Der Fahrer oder die Fahrerin des Beklagtenfahrzeuges verfolgte das Klägerfahrzeug erst seit wenigen Augenblicken und hatte daher die volle Aufmerksamkeit auf dieses Fahrzeug gerichtet. Ein Auffahren auf dieses Fahrzeug, wenn es lediglich durch Gaswegnehmen verzögert worden wäre, erscheint nachgerade fernliegend.

Der Anscheinsbeweis war erschüttert, so dass dem Auffahrenden lediglich die Betriebsgefahr zur Last gelegt werden konnte. Der klagende Verfolger musste sich daher damit zufrieden geben, dass ihm lediglich 50 Prozent des entstandenen Schadens zugesprochen wurde. Auch bezüglich des Schmerzensgeldes musste er Abstriche machen. Das grundsätzlich in Ansatz zu bringende Genugtuungsinteresse tritt indes vorliegend in Gänze zurück (…). Die Tatsache, dass[sic!] der Kläger durch diese Pervertierung des öffentlichen Straßenverkehrs für seine Machtspielchen die gesuchte Eskalation letztendlich in Form des Unfalls gefunden hat, schafft auf seiner Seite kein berücksichtigungsfähiges Genugtuungsbedürfnis, das ein höheres Schmerzensgeld zu rechtfertigen vermöchte.

Kanzlei Voigt Praxistipp

Beteiligte eines Verkehrsunfalls stellen sich die Frage: Wer haftet in welchem Umfang für den entstandenen Schaden? Bei typischen Fällen wird häufig der Anscheinsbeweis herangezogen. Doch jeder Unfall ist einzigartig. Daher können die Details – wie dieser Fall zeigt – durchaus zu einem anderen Ergebnis führen als ähnliche Unfälle. Daher ist die frühzeitige Beteiligung eines erfahrenen Rechtsbeistandes entscheidend, um berechtigte Ansprüche nicht zu gefährden. Die erfahrenen Verkehrsrechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt stehen Ihnen gerne zur Seite.

Bildnachweis: Pixabay/Pexels

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