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Die Gefahr des blind Abbiegens

Vor allem im Herbst können tiefstehende Sonne, eine reflektierende regennasse Fahrbahn oder Nebel die Sicht beeinträchtigen. Darf in solchen Fällen dann quasi blind abgebogen werden? Und was passiert, wenn es dann zum Unfall kommt? Mit dieser Fragen musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in seinem Beschluss vom 19.03.2020 (Az.: 1 W 60/20) befassen. Was war […]
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13.11.2020
ca. 2 Minuten
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Vor allem im Herbst können tiefstehende Sonne, eine reflektierende regennasse Fahrbahn oder Nebel die Sicht beeinträchtigen. Darf in solchen Fällen dann quasi blind abgebogen werden? Und was passiert, wenn es dann zum Unfall kommt? Mit dieser Fragen musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in seinem Beschluss vom 19.03.2020 (Az.: 1 W 60/20) befassen.

Was war passiert?

An einem sonnigen Herbsttag im Oktober 2018 übersah ein 48-jähriger Autofahrer in Goldenstedt (Landkreis Vechta) beim Linksabbiegen zwei entgegenkommende Motorradfahrer. Der Linksabbieger war durch die tiefstehende Abendsonne geblendet. Die beiden 53 und 63 Jahre alten Motorradfahrer waren durch die Kollision unmittelbar getötet worden.

Im Zuge der Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Autofahrer zunächst ein. Dazu heißt es: Der Unfall sei unvermeidbar gewesen, denn der Autofahrer habe zum Zeitpunkt des Unfalls gegen die tiefstehende Sonne blicken müssen. Es sei daher nicht auszuschließen, dass er die Motorradfahrer wegen der Sonnenblendung nicht erkennen konnte.

Die Hinterbliebenen der durch den Unfall getöteten Motorradfahrer legten Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens ein. Die Generalstaatsanwaltschaft hielt jedoch an der Entscheidung der Staatsanwaltschaft fest, dass dem Autofahrer kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden könne: Von ihm habe nicht verlangt werden können, so lange zu warten, bis er nicht mehr geblendet würde – also quasi bis zum Sonnenuntergang.

Die Entscheidung des Gerichts

Der 1. Strafsenat des OLG Oldenburg teilte diese Auffassung jedoch nicht. Dazu führte er aus: Man dürfe nicht einfach ‚blind‘ weiterfahren, ohne eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Wenn es nicht anders gehe, müsse man so lange warten, bis man wieder richtig sehen könne, was vor einem sei.

Bis zum Sonnenuntergang zu warten, wie es die Staatsanwaltschaft ausgeführt hat, wäre nicht die einzige Alternative gewesen, um der Sonnenblendung zu begegnen: Darüber hinaus habe es für den Autofahrer viel nähergelegen, zum Beispiel vor dem Abbiegen am Rand anzuhalten, bis sich seine Augen an die Blendung gewöhnt hätten.

Die Entscheidung hat zur Folge, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Autofahrer nun Anklage erheben muss und ein Gericht über den Unfall entscheidet. Ob es dabei zu einer Verurteilung kommt oder nicht, ist jedoch nach derzeitigem Stand nicht abzusehen.

Kanzlei Voigt Praxistipp

Im Herbst lauern zahlreiche Gefahren für den Verkehrsteilnehmer. Neben der direkten Blendung durch die tiefstehende Morgen- oder Abendsonne halten in diesen feucht-grauen Tagen auch die Lichtspiegelung auf der nassen Fahrbahn sowie die Sichtbeeinträchtigung durch Nebel ihre Tücken bereit. Ein Fußgänger, Fahrrad- oder Motorradfahrer ist da leicht zu übersehen, ebenso wie – vor allem im beliebten Silber lackierte – andere Fahrzeuge.

Dieser Beschluss macht deutlich, dass in solchen Verkehrssituationen besondere Vorsicht geboten ist. Im Vertrauen darauf, dass alles schon gut gehen wird, blind abzubiegen, birgt ein hohes, mitunter tödliches Unfallpotenzial. Lassen Sie daher lieber die gebotene Vorsicht und Rücksichtnahme walten. Sollte es dennoch zum Unfall kommen, stehen Ihnen die erfahrenen Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt gerne zur Seite.

(Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung Nr. 14/2020)

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