Was tun bei berührungslosen Verkehrsunfällen?
Nachfragen reicht nicht!
Am 20.03.2019 befuhr ein LKW-Fahrer mit seinem Sattelzug eine Straße im Kreis Celle. Als ihm ein PKW entgegen kam, fuhr er mit seinem Gespann weiter nach rechts. Möglicherweise erwartete er dies auch von dem entgegenkommenden Fahrzeug. Als dies aber offenbar nicht geschah, drohte ein Zusammenstoß. Um diesen zu vermeiden, wich der LKW-Fahrer weiter nach rechts aus, kam von der Straße ab und rutschte in den Graben. Die Lenkerin des entgegenkommenden Fahrzeugs hielt kurz an und erkundigte sich nach dem Gesundheitszustand des Fahrers. Anstatt an der Unfallstelle zu warten, setzte sie Ihre Fahrt danach aber unmittelbar fort. Da sie ermittelt werden konnte, wurde ein Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gegen sie eingeleitet.
Unfallbeteiligte sind wartepflichtig!
Gemäß § 142 StGB sind Unfallbeteiligte verpflichtet, anderen Unfallbeteiligten oder Geschädigten die Feststellung ihrer Person, des Fahrzeugs und der Art ihrer Beteiligung durch ihre Anwesenheit und durch die Angabe, dass sie an dem Unfall beteiligt sind, zu ermöglichen. Sofern keine weiteren Personen am Unfallort anwesend sind, ist eine angemessene Zeit abzuwarten.
Die Berührung der Fahrzeuge ist keine Voraussetzung für eine Unfallbeteiligung
Dies gilt nicht nur dann, wenn sich die beteiligten Fahrzeuge berührt haben, sondern insbesondere auch bei berührungslosen Unfällen
. Möglicherweise meinte die Autofahrerin ja, dass sie wegen der fehlenden Berührung gar nicht an dem Unfall beteiligt gewesen ist und setzte ihre Fahrt deshalb fort.
Gemäß ständiger Rechtsprechung ist reicht es bei einem berührungslosen Unfall
aus, dass ein Fahrzeug … über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (BGH, Urt. v. 21.09.2010, Az. VI ZR 263/09; BGH v. 22.11.2016, Az. VI ZR 533/15; OLG Celle v. 15.05.2018, Az. 14 U 175/17).
Ist dies gegeben, wie es bei dem geschilderten Sachverhalt offensichtlich der Fall war, genügt es nicht nur kurz anzuhalten und sich nach dem Befinden des verunglückten Fahrers zu erkundigen. Falls dieser verletzt sein sollte, sind in jedem Fall Polizei und Rettungsdienst zu benachrichtigen. In allen anderen Fällen ist dem oder den anderen Unfallbeteiligten die Feststellung der oben genannten Angaben zu ermöglichen.
Wer dies nicht tut, gefährdet nicht nur seinen Versicherungsschutz, sondern riskiert auch ein Strafverfahren. § 142 Abs. 1 StGB sieht hier Freiheitsstrafe von zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Gemäß § 69 StGB droht zudem die Entziehung der Fahrerlaubnis.
Sprechen Sie lieber zuerst mit einem Anwalt, bevor Sie – möglicherweise noch am Unfallort – unbedachte Aussagen machen.
Bild: Polizeiinspektion Celle