Section Control (aktuell) verfassungswidrig!
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD) fordert das niedersächsische Innenministerium auf, die Anlage zur abschnittsweisen Geschwindigkeitsüberwachung (Section Control) auf der B 6 sofort stillzulegen. Grund dafür sind die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zum Kennzeichenlesegerät.
Laut Christoph Lahmann, Stellvertreter der Landesdatenschutzbeauftragten, ist die Grundlage für den Pilotbetrieb ist mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts weggefallen, nachdem dieses seine Rechtsansicht zur Frage, wann ein Grundrechtseingriff vorliegt, grundlegend geändert hatte. Der Gesetzgeber müss nun eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Section Control schaffen. Erst danach darf die Anlage wieder scharf geschaltet werden
Auch ein Nichttreffer ist ein Grundrechtseingriff
In einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht noch angenommen, dass kein Grundrechtseingriff vorliegt, wenn Kennzeichen zwar erhoben aber sofort wieder spurenlos gelöscht werden, sofern es zu keiner Auffälligkeit gekommen ist (sog. Nichttreffer). Nun hat das Gericht seine Rechtsansicht ausdrücklich geändert und entschieden, dass die ausnahmslose Erfassung aller Autokennzeichen zu Kontrollzwecken stets eine Datenerhebung und damit einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen darstellt.
Im Fall von Section Control kommt hinzu, dass nicht nur das Kennzeichen sondern zu Beginn des Streckenabschnitts auch weitere personenbezogene Daten wie Fahrtrichtung, Ort und Zeit von der Einfahrtskamera erfasst werden. Diese Daten werden gespeichert, um mithilfe der Ausfahrtskamera zu ermitteln, ob der Fahrer die Geschwindigkeit überschritten hat oder nicht. Ermittelt das System eine Geschwindigkeitsübertretung, erfasst eine dritte Kamera den Fahrzeugführer, um ein Bußgeld verhängen zu können. Lag kein Verstoß vor, werden die Daten spurenlos gelöscht.
Section Control verarbeitet personenbezogene Daten auch bei Nichttreffern, also wenn kein Geschwindigkeitsverstoß vorliegt", so Lahmann. Der Probebetrieb sei daher verfassungswidrig.
Gesetzesänderung notwendig!
Das neue Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, das derzeit im niedersächsischen Landtag beraten wird, sieht eine ausdrückliche Rechtsgrundlage in § 32 Abs. 6 für die Datenverarbeitung im Rahmen der Abschnittskontrolle zur Geschwindigkeitsüberwachung vor. Verabschiedet der Landtag dieses Gesetz, ist der Weg für Section Control wieder frei
, so der Stellvertreter der Landesbeauftragten.
Quelle: Die Niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz