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Vorsicht bei Vergleichen mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer

Wenn Versicherer Vergleiche anbieten, verknüpfen sie diese mitunter mit der Bedingung, dass der Geschädigte auf weitergehende Ansprüche aus dem Schadensereignis verzichtet. Dass ein solcher Verzicht auch Ansprüche gegenüber Dritten betreffen kann, musste ein Geschädigter erfahren, nachdem er sich auf das Vergleichsangebot eingelassen hatte und sein privater Krankenversicherer daraufhin unfallbezogene Leistungen verweigerte. Verletzt und ohne weitere […]
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13.12.2018
ca. 3 Minuten
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Wenn Versicherer Vergleiche anbieten, verknüpfen sie diese mitunter mit der Bedingung, dass der Geschädigte auf weitergehende Ansprüche aus dem Schadensereignis verzichtet. Dass ein solcher Verzicht auch Ansprüche gegenüber Dritten betreffen kann, musste ein Geschädigter erfahren, nachdem er sich auf das Vergleichsangebot eingelassen hatte und sein privater Krankenversicherer daraufhin unfallbezogene Leistungen verweigerte.

Verletzt und ohne weitere Ansprüche
Der Fahrer eines E-Bikes wurde schwer verletzt, als er unverschuldet mit einem PKW kollidierte. Die unfallbedingten Behandlungskosten bezahlte sein privater Krankenversicherer und ließ sie sich anschließend vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners erstatten. Bereits zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass weitere Operationen erforderlich sein würden.

Als das Unfallopfer den gegnerischen Versicherer auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagte, bot dieser die Zahlung von 15.000 Euro an. Die Zahlung knüpfte er an die Bedingung, dass damit sämtliche materiellen und immateriellen Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus dem hier streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 3.9.2015 für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft endgültig erledigt und abgefunden sind, … auch diejenigen, die hier nicht streitgegenständlich sind und nicht vorhersehbar sind….
Das anwaltlich vertretene Unfallopfer nahm den Vergleich an und informierte seinen Krankenversicherer. Dieser teilte daraufhin mit, dass ab dem Datum des Vergleichs keine Ansprüche auf unfallbezogene Leistungen gegen ihn mehr bestünden. Das Unfallopfer (Kläger) klagte daraufhin in einem weiteren Prozess auf Feststellung, dass sein Krankenversicherer (Beklagter) verpflichtet sei, die unfallbedingten Krankenkosten zu übernehmen.

Die Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht (LG) wies die Klage als unbegründet ab. In seiner Entscheidung führte es aus, der Kläger habe ursprünglich Anspruch auf Erstattung der unfallbedingten Heilbehandlungskosten gehabt. Dieser sei aber erloschen, da der Kläger durch Abschluss des Abfindungsvergleichs gegen beachtliche Obliegenheiten aus seinem Versicherungsvertrag mit der Beklagten verstoßen habe.

Laut Gericht sei der Kläger verpflichtet gewesen, seinem Krankenversicherer den Anspruch auf Erstattung unfallbedingter Heilbehandlungskosten zu erhalten, um diesem einen Regress gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu ermöglichen (§ 86 Abs. 2 S. 2 VVG*). Mit dem Abschluss des Abfindungsvergleichs hätte er dies vereitelt und damit gegen das sogenannte Aufgabeverbot (siehe § 86 Abs. 2 S 1 VVG) verstoßen. Denn anders als bei der gesetzlichen (vgl. 116 Abs. 1 SGB X**), gingen die Forderungen bei der privaten Krankenversicherung nicht bereits zum Zeitpunkt der Schadensentstehung auf den Versicherer über, sondern erst mit der Erbringung der Leistungen an den Versicherungsnehmer.
Da der Vergleich nicht nur die Interessen des Klägers betraf, hätte der Kläger sich vor dessen Abschluss entweder mit seinem Krankenversicherer beraten oder im Hinblick auf die künftig anfallenden Heilbehandlungskosten auf die Anspruchsaufgabe verzichten müssen. Beides war unterblieben.

Das LG nahm eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung an. Der Kläger sei zwar selbst vor dem Landgericht nicht handlungsbefugt gewesen, aber er müsse sich hier die Erklärungen seiner Anwältin zurechnen lassen. Diesbezüglich ging das Gericht davon aus, dass ihr bei Vergleichsschluss bewusst gewesen sei, dass sie auf Ansprüche des Klägers gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners verzichtet habe. Ferner habe sie auch in Kenntnis der Rechtsfolgen eines Obliegenheitsverstoßes nach § 86 Abs. 2 Satz 1 VVG (s.o.) gehandelt. Jedenfalls legte das Gericht Vorsatz zu Grunde und rechnete ihn dem Kläger zu (vgl. § 85 Abs. 2 ZPO***). Die beklagte Krankenversicherung sei daher leistungsfrei, die Klage abzuweisen.

Anmerkung
Bei einem Vergleichsschluss ist Vorsicht und Weitsicht geboten. Vorliegend bestätigt sich, dass Versicherer häufig nur dann Vergleiche anbieten, wenn diese für sie vorteilhaft sind. Geschädigte sollten einen Vergleich daher erst abschließen, nachdem sie sich Klarheit über die möglichen Folgen verschafft haben.
Die auf die Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt sind mit derartigen Vorgängen vertraut. Wir achten darauf, dass Sie die Ihnen zustehenden Leistungen vollständig erhalten. Etwaiger Vergleichsangebote prüfen wir nach allen Seiten.

 

*Versicherungsvertragsgesetz
** Sozialgesetzbuch
*** Zivilprozessordnung

 

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