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Sichtbarkeitsgrundsatz

Informationen
25.11.2022

Der Regelungsgehalt eines Verkehrszeichens muss sofort erkennbar sein! 

 

Rechtlich stehen Verkehrszeichen den Anordnungen von Polizeibeamten gleich und ihre Anordnungen sind unmittelbar und verbindlich zu befolgen. Damit dies möglich ist fordert der Sichtbarkeitsgrundsatz, dass Verkehrszeichen nicht nur irgendwie, sondern so aufzustellen sind, „dass sie auch für einen ortsunkundigen Verkehrsteilnehmer mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit durch einen raschen oder beiläufigen Blick deutlich erkennbar sind“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2008, Az. 3 C 18.07;  z.B. OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.08.1998, Az. 1 Ss 514/98).

 

Den Ausführungen des VGH Baden-Württemberg zufolge, bemisst sich “wie rasch sich Verkehrszeichen erfassen lassen, … nach den auch sonst für die Auslegung von Willenserklärungen und damit auch für Verwaltungsakte geltenden Grundsätzen aus der Warte eines objektiven Empfängerhorizontes in Gestalt eines durchschnittlichen Kraftfahrers” (Beschl. v. 05.07.2019, Az. 10 S 1059/ 19, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. vom 24.01.2019, Az. 3 C 7.17).

 

Bei zugewachsenen, verschneiten oder sonst unkenntlich gewordenen Schildern, dürfte dies ebenso wenig gewährleistet sein, wie bei einem Polizeibeamten, der hinter einer Hecke steht und von dort aus versucht den Verkehr zu regeln. Auch z.B. abnutzungsbedingt oder aufgrund von Schneefall nur noch andeutungsweise erkennbare Verkehrszeichen können, insbesondere gegenüber ortsunkundigen Verkehrsteilnehmern, keine Wirksamkeit entfalten (BayObLG. Beschl. v. 16.05.1984, Az. 1 Ob OWi 127/84). Ausnahmen sind indes dann möglich, wenn der Regelungsgehalt aufgrund der spezifischen Form klar erkennbar ist, wie dies bei z.B. Stopp- oder „Vorfahrt-achten“ Schildern der Fall ist.

 

Zudem müssen Verkehrszeichen von ihrer Größe her hinreichend dimensioniert (vgl. VG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.05.2015, Az. OVG 1 B 33.14) und der Reglungsgehalt muss eindeutig erkennbar sein. Denn so wenig, wie dies bei einem lediglich wild mit den Armen wedelnden Verkehrspolizisten der Fall ist, ist dies auch bei einem mit vier Zusatzzeichen versehenen Verbotszeichen gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2008, Az. 3 C 18.07) Allerdings hat das VG Hamburg die Auffassung vertreten, dass die Zahl von vier untereinander befindlichen bei einer Regelung zum ruhenden Verkehr  nicht gegen den Grundsatz der Sichtbarkeit und Erfassbarkeit verstoße. Schließlich bezögen sich Zusatzschilder, die unterhalb mehrerer Verkehrsschilder angebracht sind, nur auf das unmittelbar darüber befestigte Verkehrszeichen (Gerichtsbescheid v. 25.05.2018, Az. 2 K 7467/17).

 

Allerdings soll es der Sichtbarkeitsgrundsatz auch nicht gebieten, “überlappende Haltverbotszonen so einzurichten, dass sämtliche mobilen Verkehrszeichen jeweils mit allen unterschiedlichen Zusatzschildern versehen sind” (OVG Berlin Brandenburg, Urt. v. 22.06.2018, Az. OVG 1 B 13.16, im  Anschluss an OVG Hamburg, Urt. v. 30.06.2009, Az. 3 Bf 408/08).

 

An dem Grundsatz, wonach eine unzweckmäßige oder irreführende Gestaltung von Verkehrszeichen – je nach Sachlage – entweder das Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, der den Sinn des Zeichens missversteht, mindern und ein Mitverschulden des für die Gestaltung Verantwortlichen begründen oder aber zur Folge haben kann, dass dem Verkehrsteilnehmer aus der Fehldeutung des Zeichens überhaupt kein Schuldvorwurf zu machen ist (vgl. OLG Jena,  Beschl. v. 06.05.2010, Az. 1 Ss 20/10).

 

Unsichtbare Verkehrszeichen sind grundsätzlich nicht verbindlich

 

Das OLG Hamm stellte bereits 2010 fest, dass ein Verkehrszeichen am Anfang einer Tempo 30 Zone, welches infolge von Baum- und Buschbewuchs für den Betroffenen objektiv nicht erkennbar war, diesem gegenüber keine verbindliche Wirkung entfalten konnte (OLG Hamm, Beschl. v. 30.09.2010, Az. III-3 RBs 336/09).

 

Zudem hat es klar gestellt, dass es im Verantwortungsbereich der zuständigen Behörden liegt, dafür zu sorgen, dass die ausreichende Erkennbarkeit von Verkehrszeichen nicht nur zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Anbringung, sondern auch darüber hinaus gewährleistet ist. Ist dies nicht gegeben und sind sie aufgrund von Abnutzung oder Witterungsbedingungen derart unkenntlich, dass die Erkennbarkeit im o.g. Sinne nicht mehr vorhanden ist, so verlieren sie ihre Wirksamkeit.

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Ansprechpartner

Dr. Wolf-Henning Hammer

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