hello world!
hello world!

Dooring

Informationen
28.02.2023

Dooring bzw. ein Dooring-Unfall stellt einen besonderen Fall des Türöffner-Falls dar. Beim Dooring stößt ein Fahrrad, Mofa, Roller, E-Bike oder auch E-Scooter mit einer sich öffnenden Fahrzeugtür zusammen. Dies betrifft sowohl Fahrzeuge, die einen Radweg befahren als auch Fahrzeuge auf der Straße. Ursache der Unfälle ist, dass der Aussteigende den Blick in den Spiegel, den Schulterblick oder gar beides vergisst.

 

Neuere Fahrzeuge verfügen zwar über einen Ausstiegswarner, sie sollten jedoch sicherheitshalber mit einem Blick in den Spiegel und über die Schulter kombiniert werden. Hilfreich erweist sich auch der sogenannte „holländische Griff“, bei dem die Fahrzeugtür mit der weiter von der Tür entfernten Hand geöffnet wird – auf der Fahrerseite also mit der rechten, auf der Beifahrerseite mit der linken Hand. Das Übergreifen hat einen automatischen Schulterblick zur Folge.

 

Für den materiellen Schaden kommt der Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs auf, für den immateriellen Schaden kann der Radfahrer unter Umständen nur den unachtsam Aussteigenden in Anspruch nehmen (vgl. OLG München, Urteil vom 28.10.1994, Az. 10 U 4858/93 für Beifahrer). Dabei kann dem Radfahrer gegebenenfalls ein Mitverschulden zugerechnet werden, wenn er den gebotenen Seitenabstand zum Fahrzeug nicht eingehalten hat. Dafür beweispflichtig ist allerdings der in Anspruch Genommene (vgl. OLG Celle, Urteil vom 06.11.2018, Az. 14 U 61/18).

 

Der Grundsatz, wonach wer in ein Fahrzeug ein- oder aussteigt, sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, gilt übergreifend und für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs. Dies sind alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei der Vorgang des Einsteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre, der Vorgang des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist (BGH, Urt. v. 6.10.2009, Az. VI ZR 316/08). So kann z.B. im Einzelfall das Aussteigen eines Mitfahreres nach links so lange zurückzustellen sein, bis kein Bus mehr an der Haltestelle steht oder sich sonst Verkehr näherte, der gefährdet werden konnte KG, Beschl. v. 30.07.2009, Az. 12 U 175/08)

 

In einem Sachverhalt, über den das Amtsgericht München am 27.10.2021 zu entscheiden hatte (Az. 343 C 106/21), war ein einparkendes Fahrzeug gegen die geöffnete Fahrertür des Fahrzeugs in der benachbarten Parkbucht gefahren. Die Schadensersatzklage des Halters des letztgenannten Fahrzeugs wies das AG München ab. Wörtlich heißt es dazu in dem Urteil: „Das Gericht hat der Entscheidung eine alleinige Haftung der Klagepartei zugrunde gelegt. Unstreitig kam es zur Kollision zwischen der Fahrertüre des Klägerfahrzeugs und dem im Einfahren in die Parklücke neben dem Klägerfahrzeug befindlichen Beklagtenfahrzeug. Für eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Türöffners – hier des Fahrers des Klägerfahrzeugs – spricht der Beweis des ersten Anscheins.”

 

Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Vorbeifahrender den Sicherheitsabstand zumindest so zu bemessen hat, dass „ein geringfügiges Öffnen der Wagentür noch möglich bleibt, wenn für den Vorbeifahrenden nicht mit Sicherheit erkennbar ist, dass sich im haltenden Fahrzeug und um das Fahrzeug herum keine Personen aufhalten“

 

Denn da der fließende Verkehr grundsätzlich Vorrang gegenüber dem ruhenden hat, darf er auf die Beachtung dieses seines Vorrechtes vertrauen. Beim Vorbeifahren muss daher nicht mit einem plötzlichen weiträumigen Öffnen von Fahrzeugtüren gerechnet werden, sondern allenfalls mit einem zur Rückschau genügenden Öffnen eines Türspalts, falls das Fahrzeug nicht zweifelsfrei leer ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.1981, Az. VI ZR 297/79; OLG Köln, Urt. v. 10.07.2014, Az. 19 U 57/14OLG Frankfurt, Urt. v. 28.01.2014, Az. 16 U 103/13). Das OLG Celle (Urt. v. 01.11.2018, Az. 14 U 61/18z. 12 O) oder das LG Saarbrücken (Urt. v. 11.02.2022, Az. 13 S 135/21) haben einen Abstand von 70 – 80 cm als ausreichend eingestuft.

 

Taxifahrer sind übrigens nicht dazu verpflichtet, aussteigende Fahrgäste vor dem Aussteigen zur Vorsicht zu ermahnen und der Haftpflichtversicherer des Taxis kann den Fahrgast in Regress nehmen (AG Hamburg-Harburg Urt. v. 30.08.2022, Az. 640 C 122/21; OLG KölnUrt. v. 7. 11. 2019, Az. 15 U 113/19).

Stichwort teilen bei
Zurück zur Übersicht

Ansprechpartner

Christian Heid, LL.M.

Niederlassungsleiter

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mediator

fulda@kanzlei-voigt.de
Zum Profil
calendar-fullmagnifiercross