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Wertminderung

Informationen
25.03.2024

Grundsätzlich wird zwischen „merkantilem“ und „technischem“ Minderwert unterschieden.  In beiden Fällen haftet dem Fahrzeug trotz Reparatur noch immer ein Makel an, der sich in einem geringeren Verkaufspreis niederschlägt. So heißt es z.B. in einem Urteil des BGH aus 1981 , “der durch den Unfall verursachte und trotz völliger Beseitigung aller technischer und ästhetischer Schäden nicht zu vermeidende sogenannte merkantile Minderwert (stellt) einen unmittelbaren Schaden an der von der Kaskoversicherung erfassten Substanz des versicherten Objekts dar” (Az. VI ZR 153/80 v. 08.12.1981).

  • Der Ursprung des technischen Minderwerts liegt darin begründet, dass trotz allen Regeln der Technik ein Fahrzeug technisch nicht zu 100% repariert werden konnte.
  • Insbesondere bei jüngeren Fahrzeugen ist entscheidend, dass potentielle Käufer infolge eines unbehaglichen Bauchgefühls einen etwas geringeren Kaufpreis für ein Fahrzeug zu zahlen bereit sind, welches schon einmal einen Unfallschaden erlitten hat. Unabhängig davon, ob das Fahrzeug jemals verkauft wird oder ob sich ein solcher Minderwert jemals realisiert, ist der merkantile Minderwert bereits unmittelbar nach dem Unfall vom Sachverständigen anhand einer Marktanalyse zu bestimmen und vom Schädiger an den Geschädigten auszugleichen.
  • Achtung: Bei Leasingfahrzeugen steht die Wertminderung dem Leasinggeber zu!

Bei älteren Fahrzeugen lehnen die Versicherungen diese Schadensposition oftmals ab und behaupten, dass ab einem Fahrzeugalter von mehr als fünf Jahren und/oder einer Laufleistung von über 100.000 km keine Wertminderung mehr gegeben sei . Dies ist so nicht richtig. Zwar existieren Urteile, die auf ein Fahrzeugalter von fünf Jahren und eine Laufleistung von 100.000 km abstellen (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.06.2012, Az. I-1 U 149/11); in anderen Gerichtsentscheidungen wurde aber zum Beispiel eine Wertminderung bei einem sieben Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von 191.000 km bejaht.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch ein Urteil des AG Schwäbisch Gmünd vom 25.03.2021 (Az. 5 C 626/20). Bei dem zugrundeliegenden Sachverhalt wurde ein 19-Jahre altes Oberklassefahrzeug an der Tür hinten links und der Seitenwand beschädigt. Der Versicherer des Schädigers lehnte – unter Verweis auf das Alter – den Ersatz eines Minderwerts pauschal ab. Umgekehrt kann auch bei sehr jungen Fahrzeugen ein merkantiler Minderwert vorliegen. Da es am Markt mit Fahrzeugen konkurriert, die aufgrund ihres Alters in der Regel keine Vorschäden aufweisen, ist gegenüber potentiellen Käufern ein deutlicher Preisnachlas erforderlich, damit diese anderenfalls ein unbeschädigtes Fahrzeug kaufen würden. (vgl. AG Köln, Urt. v. 14.05.2021. Az. 169 C 125/20). Eine Wertminderung  ist auch bei Fahrzeugen mit Vorschaden nicht ausgeschlossen, (AG Diepoldiswalde, Urt. v. 31.05.2013, Az. 3 C 432/12).

Wie verhält es sich bei Luxusfahrzeugen?

Bei Nutzfahrzeugen folgt die Berechnung des merkantilen Minderwerts eigenen Grundsätzen, wie nicht zuletzt einem Urteil des OLG Köln, (Az. 16 O 206/22 v. 05.02.2024) entnommen werden kann. Gut nachvollziehbar zitiert das Urteil den Sachverständigen, demzufolge sich “die Auswirkungen des “Makels” eines Unfalls bei Käufern von Fahrzeugen der Luxusklasse, die sich nach dessen Ausführungen gravierender darstellen als auf dem “normalen” Gebrauchtwagenmarkt.” 

 

Die gängigen Berechnungsmodelle seien auf dem Markt für Luxusautos u.a. deshalb schon nicht passend, weil entsprechende potentielle Käufer an der Unfallfreiheit ein außergewöhnlich hohes Interesse hätten, “sodass regelmäßig verhältnismäßig hohe finanzielle Anreize im Gegenzug für ein Unfallfahrzeug geboten werden müssen.” Das entsprechende Publikum eine habe nicht nur eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge (BGH, Urt. v. 23.11.2004, Az. VI ZR 357/03).

 

Brutto oder netto?

Der Rechtsprechung zufolge, ist die Wertminderung mehrwertsteuerneutral zu kalkulieren. Begründet wird dies damit, dass sich die Kalkulation der Wertdifferenz nur auf den der Sache innwohnenden vor und nach dem schädigenden Ereignis beziehen kann. Dies sei denklogischerweise der Nettowert, unabhängig von einer möglichen Steuer (z.B. AG Coburg, Urt. v. 09.05.2022, Az. 11 C 796/22).

 

Dem AG Soltau sowie dem AG München  zufolge, handelt es sich bei dem Betrag einer merkantilen Wertminderung  – auch bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten – nicht um einen durchlaufenden Posten. Der Wertminderungsbetrag sei daher grundsätzlich ohne Abzug der Mehrwertsteuer zu erstatten  (Urt. v. 20.02.2023, Az. 4 C 150/22; 29.09.2022, Az. 336 C 1795/22).

 

 

Ausführlich: Merkantiler Minderwert

Übrigens

  • Die Wertminderung ist auch bei fiktiver Abrechnung eine ersatzfähige Schadensposition (AG Augsburg, Urt. v. 23.09.2021, Az. 18 C 1573/21).
  • Bestreitet ein Versicherer die vom Sachverständigen ermittelte merkantile Wertminderung, ist ein Geschädigter mangels eigener Sach- und Fachkunde dazu berechtigt, den sachverständigen zur Stellungnahme  zu beauftragen. Die damit verbundenen Kosten hat der Versicherer zu erstatten, da es sich hierbei um Aufwendungen handelt, „die eine verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte“  (AG Augsburg, Urt. v. 29.10.2021, Az. 074 S 2096/21; AG Neu-Ulm, Urt. v. 27.10.2021, Az. 7 C 1257/20).
  • Eine Wertminderung kann auch dann vorliegen, bei einem Unfall nur schraubbare Bauteile beschädigt worden waren (AG Köln, Urt. v. 14.05.2021, Az. 269 C 125/20).
  • Mehrwertsteuer ist bei der Wertminderung – auch bei vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten – nicht in Abzug zu bringen (AG München, Urt. v. 26.09.2022, Az. 336 C 1795/22).
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Ansprechpartner

Dr. Wolf-Henning Hammer

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