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Rad- und Autofahrer im täglichen Miteinander

Seit jeher scheinen sich zwei Gruppen von Verkehrsteilnehmern mit Argwohn zu begegnen: Autofahrer schimpfen auf rüpelhafte Radfahrer und Radfahrer auf rücksichtslose Autofahrer. Doch welcher Kern versteckt sich hinter den Aussagen? Wer hat welche Rechte? Wer hat wem gegenüber Vorrang und wo bestehen besondere besondere Pflichten? Es ist an der Zeit, um mit Irrtümern und Mythen aufzuräumen.
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19.04.2018
ca. 4 Minuten
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Fahrradfahrer

Von Rechten und Pflichten

Autofahrer bekommen oftmals von dem Straßentrubel, der um sie herrscht, nur wenig mit. Im Auto sitzend und geschützt von der Karosserie, sind sie weder Wind noch Regen ausgesetzt. Anders dagegen Radfahrer, die darüber hinaus über keine Knautschzone verfügen. Als die schwächeren Verkehrsteilnehmer genießen Radfahrer zusammen mit Fußgängern einen besonderen rechtlichen Schutz im Straßenverkehr. Doch worin unterscheiden sich Auto- und Radfahrer genau? Und welche Pflichten teilen sie sich?

Rechtsfahrgebot und Radwege

Grundsätzlich gilt auch für Radfahrer das Rechtsfahrgebot – und zwar sowohl auf der Fahrbahn als auch auf Radwegen. Allerdings dürfen Radfahrer auch einen Meter Abstand vom Fahrbahnrand halten, um die Sturzgefahr durch beispielsweise Abwasserschächte oder unbefestigte Fahrbahnräder zu verringern. Beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen kann der Abstand sogar 1,5 Meter betragen.

Nur wenn Radwege auch entgegen der Fahrtrichtung der Straße geöffnet werden, darf auch links gefahren werden. Allerdings erhöht dies das Unfallrisiko und ist daher nur selten der Fall. Kommt es zu einem Unfall, müssen Radfahrer – neben einem Bußgeld – auch mit einer Mithaftung rechnen.

Im Rahmen des Rechtsfahrgebotes sind Radfahrer gehalten, den Schutzstreifen – erkennbar an der gestrichelten Linie und dem Fahrradpiktogramm – zu nutzen. Dieser darf von Autofahrern mitbenutzt werden – wenn Radfahrer dadurch nicht gefährdet werden. Anders sieht es bei Radfahrstreifen – von der Fahrbahn durch einen durchgezogenen Strich – und Radwegen – mit einem Bordstein getrennt – aus. Diese sind für Autofahrer tabu.

Entgegen der landläufigen Meinung besteht für Radfahrer keine grundsätzliche Pflicht Radwege zu benutzen. Lediglich wenn ein blaues Schild mit weißem Fahrrad auf einen Radweg hinweist, muss der Radfahrer auf den Radweg ausweichen. Nur bei Eigengefährdung – durch Scherben, Laub oder Schnee auf dem Radweg – entfällt die Nutzungspflicht. Fehlt ein solches Schild, dürfen Radfahrer den Radweg nutzen, sie müssen es jedoch nicht.

Geparkt werden darf übrigens auf keinem der dreien – auch nicht, um kurz beim Bäcker Brötchen zu holen. Zum einen dürfen grundsätzlich nur Radfahrer die Radwege nutzen, zum anderen wird die Nutzungspflicht nur dort angeordnet, wo die Benutzung der Straße für Radfahrer zu gefährlich wäre. Ein parkendes Fahrzeug stellt ein Hindernis dar, welches die Radfahrer an Gefahrenstellen dennoch auf die Straße zwingt und sie dadurch gefährdet. Während das Bußgeld früher bis zu 35 € betragen konnte, kann es – nach der Reform des Bußgeldkatalogs 2021 – bis zu 100 Euro kosten.  Abgesehen davon, dass das Auto abgeschleppt werden kann, da Radfahrer grundsätzlich nicht damit rechnen müssen, dass der Radweg auch nur teilweise blockiert ist (Verwaltungsgericht des Saarlandes vom 19.09.2016, Az. 6 L 1336/16), ist auch ein Punkt in Flensburg möglich.

Welche Ampel gilt?

Für Autofahrer gilt nach wie vor die Fahrbahnampel. Doch seit Anfang 2017 hat sich die Rechtslage für Radfahrer verändert: Ist eine separate Fahrradampel – erkennbar an dem abgebildeten Fahrrad – eingerichtet, so ist diese bindend. Fehlt es an einer eigenen Ampel, ist nicht mehr die Fußgängerampel, sondern die Fahrbahnampel zu beachten.

Daher gilt insbesondere für abbiegende Autofahrer besondere Vorsicht: Selbst, wenn die Fußgängerampel Rot zeigt, könnten Radfahrer weiter geradeaus an dem abbiegenden Fahrzeug vorbeifahren. Denn wer abbiegen will, muss Radfahrern Vorrang gewähren, auch dann, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in der gleichen Richtung fahren (§ 9 Abs. 3 StVO).

Um die Gefährdung für Radfahrer zu senken, verfügen manche Ampeln über einen Fahrradaufstellstreifen (Fahrradschleuse), die von den Autofahrern freizulassen ist. Sehr zum Ärger mancher Autofahrer dürfen Radfahrer darüber hinaus auch wartende Fahrzeuge langsam und umsichtig rechts überholen. Dadurch können sie sich jedoch im Blickfeld der Autofahrer aufstellen, was das Unfallrisiko senkt.

Abstand halten beim Überholen

Will ein Autofahrer einen Radfahrer überholen, muss er ausreichend Sicherheitsabstand einhalten. Vielen Autofahrern ist nicht bewusst, dass der Abstand beim Überholen mindestens 1,5 Meter betragen sollte. Noch weniger bekannt ist, dass diese ab einer Geschwindigkeit von 90 km/h, bei Witterungseinflüssen (wie Starkregen, Schnee oder starkem Wind) oder schlechten Sichtverhältnissen, sowie beim Überholen von Kindern sogar auf zwei Meter steigt.

Zu geringer Abstand kann durch Fehlreaktionen oder den Fahrtwind zu Stürzen und Unfällen führen. In der Regel ist daher ein vollständiger Spurwechsel erforderlich. Wer nicht auf die linke Fahrspur ausweichen kann, darf schlichtweg nicht überholen. Der Seitenabstand gilt übrigens auch für Radfahrer, die andere Radfahrer oder parkende Fahrzeuge (s.a. “Dooring“) überholen oder an – auf dem Radweg stehenden – Mülltonnen vorbeifahren.

Praxistipp

Nehmen Sie es lieber etwas zu genau mit den Grundregeln der Straßenverkehrsordnung. Denn § 1 StVO besagt: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Wenn es also wieder einmal zu einer unklaren Verkehrssituation kommen sollte, nehmen Sie Rücksicht und handeln im Zweifel frei nach dem Prinzip Der Klügere gibt nach. So können alle Fahrer – ob mit Auto oder Rad – partnerschaftlich am Verkehr teilnehmen. Ansonsten gilt auch hier: Voigt regelt!

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Bildnachweis: Andrea Piacquadioo/Pexels

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