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Augenblicksversagen

Informationen
18.07.2023

Das Augenblicksversagen bezeichnet eine „gleichsam spontane Fehlreaktion innerhalb eines Verkehrsgeschehens“ (OLG Bamberg, Beschl. v. 04.01.2016, Az. 3 Ss OWi 1490/15). Der Ausdruck beschreibt nur den Umstand, dass der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Dieser Umstand allein ist kein ausreichender Grund, den Schuldvorwurf herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Verletzung gegeben sind (KG Berlin, Beschl. v. 17.01.2018, Az. 3 Ws (B) 356/17).

 

Grundvoraussetzung ist, dass es an der – für das Fahrverbot erforderlichen – groben Pflichtverletzung gemäß § 25 Abs. 1 StVG fehlt. Bei der Verfehlung darf es sich nur um eine lediglich momentane Unaufmerksamkeit oder ein kurzzeitiges Fehlverhalten handeln (BGH, Urteil vom 29.01.2003, Az. IV ZR 173/01), wie es auch einem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterlaufen kann (OLG Bamberg, Beschl. v. 02.05.2018, Az. 3 Ss OWi 490/18).

 

Unübersichtliche, besonders schwierige, überraschende oder verwirrende Verkehrslagen können das Geschehen in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 22.12.2015, Az. 3 Ss OWi 1326/15). Umgekehrt wird die Auffassung vertreten, dass eine komplexe und gefährliche Kreuzung von jedem Fahrzeugführer erkennbar hohe Aufmerksamkeit erfordert, so dass das Übersehen eines Ampelregisters mit einem Augenblicksversagen oder anderweitig leichter Fahrlässigkeit nicht in Einklang zu bringen ist (KG Berlin, Beschl. v. 20.06.2020, Az. 3 Ws (B) 208/19, 3 Ws (B) 208/19 – 122 Ss 91/1).

 

Ein Wegfall des Erfolgs- oder Handlungsunwerts kann insbesondere dann in Betracht kommen, „wenn entweder besondere Ausnahmeumstände in der Tat (z.B. atypischer Rotlichtverstoß wegen Ausschlusses eines Gefahrenlage) oder in der Persönlichkeit des Betroffenen (z.B. Augenblicksversagen beim Rotlichtverstoß) offensichtlich gegeben sind und deshalb erkennbar nicht der von § 4 Abs. 1 BKatV erfasste Normalfall vorliegt.“ (KG Berlin, Beschl. v. 09.08.2019, Az. 3 Ws (B) 205/19; Beschl. v. 21.08.2018, Az. 3 Ws (B) 185/18)

 

Bei Geschwindigkeitsverstößen kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn der Fahrer die Beschränkung infolge einer kurzen Unaufmerksamkeit zwar übersehen hat, aber Anhaltspunkte dafür fehlen, dass sich ihm die Beschränkung hätte aufdrängen müssen (BGH, Beschl. v. 11.09.1997, Az. 4 StR 638/96).

Das Kammergericht Berlin hat dies für einen Sachverhalt in Frage gestellt, in dem ein Autofahrer im Bereich einer Schule die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit um 12 km/h überschritten hatte (KG, Beschl. v. 27.02.2023, Az. 3 ORbs 22/23 – 162 Ss 9/23).

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Dr. Wolf-Henning Hammer

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